Y-Factor-Methode
Die Y-Factor-Methode ist ein weit verbreitetes Verfahren zur Messung der Rauschzahl (Noise Figure, NF) von HF- und Mikrowellensystemen. Sie bestimmt, wie viel zusätzliches Rauschen ein Gerät (z. B. Verstärker, Empfänger) erzeugt, indem die Ausgangsrauschleistung unter zwei bekannten Bedingungen – üblicherweise "Hot" und "Cold" – verglichen wird.
Grundprinzip
Der Y-Factor ist das Verhältnis der gemessenen Rauschleistungen zwischen den beiden Zuständen:
Y = P_hot / P_cold
wobei:
P_hot = Ausgangsrauschleistung mit der heißen Rauschquelle
P_cold = Ausgangsrauschleistung mit der kalten Rauschquelle
Der kalte Zustand entspricht normalerweise einer Referenztemperatur von 290 K, während der heiße Zustand durch eine kalibrierte Rauschquelle mit erhöhter Rauschtemperatur erzeugt wird.
Ableitung der Rauschzahl
Die Rauschzahl (NF) wird aus dem Y-Factor und dem Excess Noise Ratio (ENR) der Rauschquelle berechnet:
NF = ENR - 10 × log₁₀(Y - 1)
wobei:
NF = Rauschzahl in Dezibel (dB)
ENR = Excess Noise Ratio (dB), ein bekannter Parameter der Rauschquelle
Y = gemessener Y-Factor
Ohne einen definierten ENR-Wert bleibt die Rauschzahl relativ zum ENR ausgedrückt.
Beispielrechnung
Gegeben:
P_cold = 10 mW
P_hot = 15 mW
Berechnung des Y-Factors:
Y = 15 / 10 = 1,5
Dann:
10 × log₁₀(Y – 1) = 10 × log₁₀(0,5) ≈ –3,01 dB
Bei einem ENR von 6 dB ergibt sich:
NF = 6 dB – (–3,01 dB) = 9,01 dB
Messablauf
System mit bekannten Impedanzen kalibrieren
Ausgangsrauschen mit aktiver kalter Rauschquelle messen
Ausgangsrauschen mit aktiver heißer Rauschquelle messen
Y-Factor aus den beiden Messungen berechnen
Formel anwenden, um die Rauschzahl (NF) zu bestimmen
Moderne Spektrumanalysatoren oder Netzwerkanalysatoren automatisieren diesen Prozess häufig.
Messausrüstung
Kalibrierte Rauschquelle (Hot-/Cold-Zustände)
Spektrumanalysator oder Netzwerkanalysator
Prüfling (DUT), z. B. Verstärker oder Empfänger
Optional: Dämpfungsglieder zur Pegelanpassung
Praktische Hinweise
Die Genauigkeit der Y-Factor-Methode hängt stark von der Kalibrierung, der Linearität des Prüflings und der Temperaturkontrolle ab.
Der kalte Zustand wird mit einer Temperatur von 290 K angenommen.
Temperaturschwankungen oder ENR-Änderungen können erhebliche Fehler verursachen.
Nichtlinearitäten im DUT können die Messergebnisse verfälschen.
Anwendungsbereiche
Drahtlose Empfänger – Optimierung der Empfindlichkeit
Satellitenkommunikationssysteme – Test von LNAs
Radar und Telemetrie – Bewertung der Empfängerleistung
Mikrowellentechnik – Charakterisierung rauschärmerer Komponenten
Prüf- und Messtechnik – Bestimmung der Rauschzahl im Labor